Bislang waren es acht “Blaue Bänke”, die in Fulda zum Verweilen und zum Gedenken an besondere Frauen einladen. Am Samstagvormittag haben die Frauen des Soroptimist International (SI) Club Fulda die neunte eingeweiht. “Politisch, sozial, aktiv” – mit diesen Worten beschreiben sie das Leben und Wirken von Erna Hosemann, der Gründerin der AWO in Fulda.
Von der Einweihung berichten Osthessen-Zeitung und Osthessen-News (1. Bericht, 2. Bericht) sowie Fuldainfo.
Silvia Hillenbrand (SPD, ehemalige Landtagsabgeordnete und Bürgermeisterin) würdigte Erna Hosemann in ihrer Rede, die nachfolgend wiedergegeben wird:
“Frau Präsidentin, liebe Soroptimistinnen, liebe Gäste
Erna Hosemann (1894 – 1974)
denken wir uns eine Straßenbefragung: „Wer war Erna Hosemann?“ Ich glaube, viele Menschen wissen es nicht. Mein Versuch in den letzten Tagen dazu, stärkt mein Gefühl. Würden wir aber nach dem Erna-Hosemann-Haus fragen, dann käme sicher oft der Satz „Das ist das AWO-Heim in Ziehers Nord“.
Damit ist immer noch nicht gesagt, dass die Menschen heute wissen, wer Erna Hosemann war.
Und deshalb ist es gut, dass durch das Bankprojekt von Ihnen, den Soroptimistinnen, eine Frau ins Bewusstsein gerückt wird, die m. M. nach genau zu den starken Frauen unserer Region zählt, denen wir unsere heutige gesellschaftliche und politische Position verdanken. Sie war ganz sicher ein großer Baustein in der regionalen Frauenbewegung.
Ich habe, Frau Präsidentin, Ihren Schwerpunkt in ihrer Präsidentenzeit gelesen: „Frauen -Klima-Wandel“ = Klima wandelt Frauen = Frauen wandeln Klima: ein wunderbares Wortspiel.
Ja, Erna Hosemann war eine solche Frau. Natürlich wurde sie durch das damalige politische und gesellschaftliche Klima sozialisiert. Und eben dieses Klima machte sie zu einer selbstbewussten, wachen Frau, die sich ihrer Aufgabe als Frau nicht nur bewusst wurde, sondern daraus ihre persönliche Verpflichtung ableitete, als Frau wiederum das Klima gesellschaftspolitisch zu wandeln. Klima wandelt Frauen = Frauen wandeln Klima.
Auch heute noch eine immer währende Aufgabe für uns Frauen.
Ihre Biografie:
geboren an Silvester in 1894 in Berlin – ärmliches Elternhaus. Aber sie durfte schon einen Beruf erlernen, die Buchbinderei. Wichtig waren ihre Vorbilder, Ihre Eltern, die ihr ein politische und soziale Leben vorlebten – das musste unweigerlich zu ähnlichen Auffassungen und Handlungen führen.
Einen kleinen Exkurs zu ihrer Mutter, Emma Döltz (Erna Hosemann, geb. Döltz). Sie engagierte sich schon 1890 in der Frauenbewegung. Erwähnenswert ist ihre literarisches Talent. Sie wird als Arbeiterdichterin beschrieben. Viele Gedichte und Artikel von ihr wurden u.a. in der Zeitschrift „Die Gleichheit“ veröffentlicht, die von Clara Zetkin geleitet wurde. (Frauenrechtlerin und prägende Initiatorin des Intern. Frauentages)
Aus einem ihrer Gedichte mit dem Titel: „Wir rufen Euch!“ möchte ich zitieren. Es enthält einen deutlichen Aufruf an Frauen, sich politisch zu betätigen.
Auszug:
„mit uns´rem geknechteten, harten Los
Bezahlen die Herr´n ihre Schulden.
Wir ziehen dem Staate die Kinder groß
Und sollen doch schweigen und dulden.
Wir schaffen mit flinken Händen die Pracht,
mit dem sich die Reichen umgeben.
Nun wollen wir aus des Elends Nacht
Uns´re fordernde Stimme erheben.
Ist es bei einer solchen Mutter verwunderlich, dass die Tochter Erna Döltz, dem Beispiel der Mutter folgte und mit 19 Jahren ebenfalls in die SPD eintrat (1913) und sich gleichzeitig am Aufbau der AWO in Berlin beteiligte? Sie heiratete Fritz Hosemann, auch er ein Sozialdemokrat.
Ab 1933 konnten beide ihr ehrenamtliches Engagement nicht mehr ausüben, da die NSDAP jegliche Tätigkeiten der AWO beendete und auch die SPD wurde verboten.
Wir sehen Erna Hosemann ab 1945 in Fulda. Sie kam hierher, weil ihr im Krieg verwundeter Sohn in Fulda im Lazarett lag. Als später ihr Mann nachzog, gründeten die beiden den SPD-Ortsverband und ein Jahr später 1946 die AWO für Stadt und LK FD, die es vor dem Nationalsozialismus hier nicht gab. Sie blieb 27 Jahre lang die Vorsitzende und hat gerade hier viele Akzente gesetzt. (bis 1973) Frau Döppner wird sicher darauf eingehen. Wir wissen, dass sie immer ein besonderes Augenmerk auf die armen und schutzbedürftigen Menschen hatte.
In 1948 zog Erna Hosemann als eine der ersten Frauen ins Fuldaer Stadtparlament ein. Sie war die einzige Frau der 8-köpfigen SPD-Fraktion und blieb in der STVV bis 1964, also 16 Jahre und hat zwei OBs erlebt, Cuno Raabe und Alfred Dregger. Und sie war sachkundige Bürgerin im Bürgerrat, der 1945 in der Stadt FD gegründet wurde.
Nach ihrer SVV – Ära war sie weiterhin sachkundige Bürgerin in Ausschüssen, die sich überwiegend mit soz. Themen beschäftigten, also alles klassische Frauenthemen und sicher nicht einfach als sozialdemokratische Frau in diesem konservativen Klima. Ich denke, sie muss mutig gewesen sein. Ihr hohes Ansehen hat sie sich sicher durch ihr selbstloses soziales Engagement erworben.
Vielleicht kam ihre Anerkennung gerade hier in der CDU-Hochburg auch dadurch, dass sie dem überparteilichen Frauenkreis FD angehörte, ebenso wie dem entsprechenden Dachverband, „Frauen-Verband-Hessen“, und das über viele Jahre. Dieser Frauenkreis, bzw. der Frauen-Verband-Hessen ist gleichzusetzen mit den Frauenausschüssen, die sich als Basisorganisation für Fraueninteressen in den einzelnen Sektoren gegründet hatten.
Durch ihrer Mitgliedschaft in diesem Verband ist auch anzunehmen, dass Erna Hosemann sich vielen Sozialdemokraten widersetzte, denn eigentlich lehnten diese die überparteiliche Verbindung ab. Ich schließe daraus, dass Erna Hosemann ganz klare Prioritäten setzte, wenn es um frauenpolitische Themen ging.
An dieser Stelle erlaube ich mir eine Parallele zu ziehen zu einer ihrer ehemaligen Präsidentin, Hildegard Hast. Sie hatte natürlich als Frauenbeauftragte die Aufgabe Frauen zusammenzuführen ohne Parteipolitik zu demonstrieren. Das war nicht immer allen recht, hatte aber Erfolg. So mag es Erna Hosemann vielleicht auch gegangen sein.
Ich glaube, sie lebte ihre festen Ziele, wobei mit Sicherheit ihr frauenpolitisches Verständnis nach Gleichberechtigung der Maßstab aller Dinge gewesen sein kann. Mit Sicherheit brauchte sie Durchhalte- und Durchsetzungsvermögen. Denn für Erna Hosemann war klar, der demokratische Aufbau war ohne Teilhabe und Mitwirkung der Frauen in allen relevanten gesellschaftlichen Prozessen undenkbar. Deshalb war für sie immer klar, dass sie selber politischer Verantwortung übernehmen musste.
Wenn man den Bericht ihrer Schwiegertochter liest, (Homepage der AWO) zeichnet sich mir ein Frauenbild ab, welches ganz stark mit der Frauenrolle verbunden ist. (Aufzählen von Aktivitäten bei der AWO, vom Nähen über… bis hin zur…) Und das macht sie für mich zu einer besonderen Frau.
Da entsteht vor meinem Auge eine Frau, die den Spagat zwischen Weiblichkeit und handfeste Politikerin beherrschte. Keine Emanze alias Alice Schwarzer, keine karrieresüchtige Politikerin, sondern eine Frau, die sehr geschickt mit der konservativen Männerwelt in der Region umgehen konnte, mit aller Hartnäckigkeit und die trotzdem ihre weiblichen Talente lebte.
Und ich habe mich gefragt, was würde sie zur derzeitigen Genderdebatte sagen?
Würde sie gendern? Mit Sternchen, mit Doppelpunkt, mit Binnen-I oder mit Unterstrich?
Wir wissen es nicht und werden es nie erfahren.
Es gibt einen Pressebericht der Fuldaer-Volks-Zeitung von einem Diskussionabend des Frauenkreises. Wir sind in 1949 und ein Dr. Kohl hält einen Vortrag zu den Aufgaben innerhalb der Verwaltungen. Die Zeitung spricht von einem belehrenden Vortrag. Ich zitiere:
„Stadtverordnete Erna Hosemann erläutert in anschaulicher Weise dieses Thema aus ihrer eigenen Praxis und machte an kleinen Beispielen klar, wie notwendig die ausgleichende Wirkung einer Frau in der Verwaltung gebraucht wird und wie gering im Verhältnis zu ihrer Zahl die Aktivität der Frauen zu deren eigenem Nachteil sei“
Klar für uns und für Erna Hosemann damals schon: Frauen müssen in der Politik wie in der Verwaltung ausreichend vertreten sein.
Dass sie in Frauenkreisen anerkannt war, zeigt die Frauenkonferenz vom 19. – 21.10.1951 in Fulda, wo wir sie am Vorstandstisch zusammen mit Elisabeth Selbert sitzen sehen. Ich selber bin eine Verehrerin von E. Selbert, die ich noch persönlich gekannt habe. Der großen alten Dame der Sozialdemokratinnen aus Kassel erreichte mit anderen Müttern des GG, dass im Art. 3 Abs. 2 GG steht “Männer und Frauen sind gleichberechtigt“
Ich wünschte, ich hätte Erna Hosemann auch noch gekannt.
Zurück zur Frauenkonferenz: neben Erna Hosemann und Elisabeth Selbert ist als Teilnehmerin Maria Juchacz zu nennen, die Gründerin der AWO in 1919. Und die erste weibliche Rednerin im deutschen Parlament. Ich denke mir, das war für Fulda eine große Sache.
Die FVZ berichtete viel Interessantes aus der Konferenz und ich will zitieren aus dem Referat von Elisabeth Selbert:
Die Gleichstellung der Frau sei keine eigentliche Frauen- sondern eine Menschheitsfrage, deren sich die sozialdemokratischen Frauen in ihrem Kampf gegen Unterdrückung und geistige Unfreiheit angenommen haben. Wörtlich: „Die politische Reaktion ist am Werk, und bei aller Loyalität in staatspolitischen Dingen möchte ein gewisser politisch-militanter Teil der Kirche das Rad der Zeit zurückdrehen. Mutige, junge Kritiker rücken jedoch davon ab, bestimmte Formen des Patriarchats beizubehalten. Es gilt die klerikal gebundene Frauenwelt zu mobilisieren, um den Kampf gegen Rückschritt und Muckertum aufzunehmen.“
Interessant ist auch, dass es Briefwechsel zwischen Erna Hosemann und Marie Juchacz aus 1955 gegeben hat, in dem über eine Buchveröffentlichung gesprochen wird und über die zu verwendenden Fotos.
Und einen Brief von Marie Juchacz, den sie in 1948 aus ihrem Exil in New York an die Mutter von Erna Hosemann geschrieben hat:
„Wenn ich an meine Heimat denke, wird es mir ein wenig weh ums Herz, besonders deshalb, weil hier in diesem Land ein fast vollkommener Mangel an einer Arbeiterbewegung herrscht, wie wir es zu haben gewohnt sind. Und die Briefe und Zeitungen, die mir zugehen, zeigen doch deutlich, dass bei aller Not und Begleitumständen dieser Not, der geistige Zusammenhalt durch einen sozialistischen Willen und ein Ziel vorhanden ist. Das ist es, was mir die Heimat und die Kameradschaft mit bestimmten Menschen in der Heimat so teuer macht.“
Ich bin überzeugt davon, dass die von mir heute genannten Frauen sich in schweren Zeiten gegenseitig brauchten und stützten.
Erna Hosemann, die bedeutende Frau für unsere Stadt und LK, aber auch darüber hinaus, war in ihre Arbeit anerkannt. Sie wurde vielfach geehrt:
- 1965 Bundesverdienstkreuz 1. Klasse und als Stadtälteste von FD
- 1970 Goldene Ehrennadel der AWO
- 1973 Ehrenbrief des Landes Hessen und Ehrenvorsitzende der AWO in FD.
1955 zog E. H. nach Langen bei Ffm, wo sie ebenfalls in ihren Bereichen tätig war und wo sie 1974 verstarb.
Als Höhepunkt ihrer sozialen Arbeit in FD wird das Erna Hosemann Haus in Ziehers Nord beschrieben.
Es ist gut, dass sie heute von den SoroptimistinnenI geehrte wird.
Und es ist gut, uns zu erinnern, dass Frauen vor uns dagewesen sind, die Pfade ausgetreten haben, die Trittsteine gelegt haben, die mit Durchhalte- und Durchsetzungsvermögen Ziele, die sie für sich und andere Frauen für wichtig gehalten haben, verfolgt haben.
Mit einer blauen Bank der Soroptimistinnen wird nun in Fulda eine weitere Frau geehrte. Darüber bin ich sehr froh. Und ich bedanke mich, dass ich sie hier und heute in Erinnerung rufen durfte. Danke!!!”
Collette Döppner, stellvertretende Vorsitzende des AWO Kreisverbandes Fulda, ging in ihrer Rede auf das Leben Erna Horsemanns ein:
Oscar Wilde hat mal gesagt: “Wer nicht die Frauen hinter sich hat, bringt es in der Welt zu keinem Erfolg.”
Meine Damen und Herren, liebe AWO-Freunde,
ich möchte heute eine Frau ehren, die die Arbeiterwohlfahrt Fulda nicht nur gegründet hat, sondern auch eine Art Seele mit hereingebracht hat.
Mitte März 1945 kam Erna Hosemann nach Fulda, um in der Nähe ihres Sohns Erwin zu sein, der dort schwer kriegsverwundet im Lazarett lag. Sie wohnte in der Stadt als Untermieterin. Nach eigenen Angaben wurde sie vom Kriegsende überrascht und entschied sich aus politischen und familiären Gründen, in Fulda zu bleiben – was meiner Meinung nach ein großes Glück für Fulda war!
Der Grund: Ihr Siedlungshaus in Berlin-Mahlsdorf lag im sowjetisch besetzten Teil und war nach Kriegsende geplündert worden. Am 4. Juni 1945 kam auch ihr aus der Wehrmacht entlassener Ehemann nach Fulda.
1946 gründeten beide Erna und Franz Hosemann die Arbeiterwohlfahrt (AWO) für die Stadt und den Landkreis Fulda. Erschwert wurde dies dadurch, dass es eine Neugründung war, weil es den Verband auch vor der Zeit des Nationalsozialismus in Fulda noch nicht gegeben hatte. Erna Hosemann wurde Gründungsvorsitzende und blieb erste Vorsitzende für die nächsten 27 Jahre. Sie zog in diesem Jahr in das Haus in der Von-Schildeck-Straße in Fulda, in dem sich auch die Geschäftsstelle der Arbeiterwohlfahrt befand.
Es gab im Jahr 1946 viele Flüchtlinge und obdachlose Menschen. Am Bahnhof kamen in diesem Jahr 49 Züge mit insgesamt fast 60.000 Vertriebenen an, die in Hessen eine neue Heimat suchten. Die Stadt Fulda hatte plötzlich doppelt so viele Einwohner. Die AWO half mit der Verteilung von Essen und Kleidung.
In Kenia, wo ich herkomme, gibt es ein Sprichwort das sagt: „Akufaaye kwa dhiki ndiye rafiki“ – übersetzt: „Derjenige, der in Not für dich da ist, ist der wahre Freund.“ Erna Hosemann war genau da, in der Zeit wo viele Menschen nach dem Krieg in Not waren. Sie hat mit der Gründung von AWO in dieser Zeit der Not den Kerngedanken und das Herz für die AWO etabliert.
Damit Sie sich vorstellen können, was die Erna Hosemann auf die Beine gestellt hat, werde ich Ihnen ein paar Tätigkeitsfelder von damals und heute erläutern.
Erste Tätigkeiten der AWO waren die Einrichtung von Nähstuben, Sammlungen für Bedürftige und die Verteilung von CARE-Paketen sowie die Durchführung von Schulspeisungen. In den engen und kleinen Räumen des Büros in der Rittergasse ging die Arbeit 1946 los. Wöchentlich trafen sich circa 10 Frauen. Sie nähten Kleidungsstücke, vor allem für Kinder, und sortierten die Kleiderspenden.
Eine schwierige Aufgabe für die amerikanische Besatzungsmacht war, die Versorgung und Ernährung der Bevölkerung sicher zu stellen.
Frauen der AWO waren zur Unterstützung bereit. In der Rittergasse füllten sie aus großen Tonnen Milch- und Eipulver ins Tüten ab, die gewogen und ausgegeben wurden.
Auch für die Verteilung der CARE-Pakete waren sie zuständig. Hierin befanden sich zur großen Freude neben Grundnahrungsmitteln auch jahrelang entbehrte Genüsse wie Bohnenkaffee oder Schokolade. Bis nach der Währungsreform 1948 gab es nichts dergleichen auf dem freien Markt zu kaufen.
Von der amerikanischen Militärregierung wurde nach dem Krieg an allen Schulen für die Kinder eine Schulspeisung eingeführt, weil in den Familien extremer Hunger herrschte. Die AWO übernahm diese Aufgabe für die Heinrich-von-Bibra-Schule.
Alle Kinder mussten einen Topf und Besteck mitbringen und in der Pause darauf warten, eine Kelle Suppe aus den großen Töpfen zu bekommen.
Es fehlten Hefte, Bücher, Tafeln und Lehrer. Oft saßen 60 Kinder in einer Klasse. Sie hatten kalte Füße wegen der schlechten Schuhe. Für den Ofen musste Heizmaterial von zuhause mitgebracht werden.
Die Leute sprachen vom „Hungerwinter“. Er war extrem kalt, viele Obdachlose sind verhungert und erfroren.
1965 wurde auf Initiative von Erna Hosemann das Alten- und Pflegeheim im Fuldaer Stadtteil Ziehers-Nord eröffnet. Dieses bot seit 1969 auch einen „fahrbaren Mittagstisch“ an. Aufgrund ihrer Initiative und ihres Engagements ist es der Arbeiterwohlfahrt möglich gewesen, den Bau des Altenheimes zu verwirklichen. Das Altenzentrum wurde am 19 Mai 1988 nach ihr benannt.
Als ihr Mann Franz 1960 starb, wurde ihre Wohnung einschließlich Wohnzimmer zum AWO-Büro.
Lebens- und Sozialberatung waren wichtig für die Arbeiterwohlfahrt. Schon 1947 wurden Kinder an den Edersee zur Erholung gebracht. Für Frauen wurden im Sommer Aufenthalte im Erholungsheim bei Vöhl organisiert.
Ein Sprichwort aus dem Sudan sagt: „Wie groß ein Auge sein mag – zwei sind besser.“ Deswegen zog die Schwester von Erna Hosemann zu ihr, um sie zu unterstützen. Deshalb mussten sie 1970 in die Schildeckstraße 12 umziehen, in das ehemalige Wohnhaus des jüdischen Rabbiners.
Alten-, Familien- und Sozialberatung sowie Hilfe bei Behörden und die Erholungsfürsorge wurden weiterhin angeboten. Zunächst aber befanden sich nur Nähstube, Büro und Sitzungsraum dort.
Im Jahr 1981 konnten zusätzliche Räume angemietet werden, so dass Platz für die Schulaufgabenhilfe und Ausländerbetreuung war.
Geselligkeit spielte schon immer eine große Rolle. Nachdem es den Deutschen Anfang der 50er Jahre wieder besser ging, kehrte auch die Lebensfreude wieder zurück.
Die Mitglieder der AWO trafen sich zu Sommer-, Weihnachts- und Fastnachtsfeiern. Viele Busfahrten und Ausflüge wurden gemeinsam unternommen.
Diese Tradition ist bis heute erhalten geblieben. Inzwischen gibt es sogar Feste in unterschiedlichen Stadtteilen, ein Märchenfestival in der Innenstadt und das jährliche Dinner-in-Weiß in der Fulda-Aue.
1973 trat Erna Hosemann aus gesundheitlichen Gründen vom Amt der 1. Vorsitzenden zurück.
Jetzt in der heutigen Zeit….
Auch 2015 haben wir uns als AWO um die Geflüchteten gekümmert- genau wie damals wie es Erna Hosemann getan hat. Wohnheime und soziale Betreuung wurden organisiert. Die meisten haben inzwischen eine eigene Wohnung. Ehrenamtliche haben Patenschaften übernommen, die bei der Eingliederung helfen.
Also man sieht, dass der Samen, den Erna Hosemann damals gesät hat, heute noch wunderbare Früchte trägt. Sie hat es immer geschafft, Menschen in Bewegung zu bringen um anderen Menschen in Not zum helfen – angefangen von ihrem Mann, den Frauen am Anfang in den Nähstüben, …
Hier sind ein paar Worte, die benutzet wurden, Erna Hosemann zu beschreiben:
„Ein Vorbild für viele Frauen“. in der Fuldaer Zeitung von 2.1.1970
„Erna Hosemann- Erinnerung an eine sozial engagierte Frau“, in der Fuldaer Zeitung von 2.1.1970
„Hohe Ehrung für Erna Hosemann“, in Fuldaer Zeitung von 6.5.1965
„Ihr Herz schlägt für die Armen“, in Fuldaer Zeitung von 2.1.1965
„Unermüdlicher Einsatz für die Bedürftigen MITMENSCHEN“, in Fuldaer Zeitung von 20.5.1974
Am Ende möchte ich Ihnen noch ein Sprichwort aus Südafrika mitgeben, das meiner Meinung nach zeigt, was die AWO und das, was Erna Hosemann gegründet hat, ist. Es sagt:
„Gehe ich vor dir, dann weiß ich nicht, ob ich dich auf den richtigen Weg bringe.
Gehts du vor mir, dann weiß ich nicht, ob du mich auf den richtigen Weg bringst.
Gehe ich neben dir, werden wir gemeinsam den richtigen Weg finden.“
Vielen Dank!