Rund um den Internationalen Tag der Gleichberechtigung von Menschen mit Behinderungen gab es wie angekündigt viele vom AWO Bezirksverband Hessen-Nord initiierte Veranstaltungen. Die AWO Fulda hat sich mit den Einschränkungen und Hindernissen befasst, mit denen Sehbehinderte konfrontiert sind. Beispiel: Treppenstufen. Klar ist jeder und jedem, dass sie Blinden Probleme bereiten, aber für Menschen mit einem Rest Sehvermögen wäre es schon sehr hilfreich, wenn die Kanten mit einem hellen Streifen markiert würden. Beim Selbstversuch mit einer Brille, die z.B. den grauen Star simuliert, hat man plötzlich anstelle der dunklen Stufen der Stadtpfarrkirche nur noch eine dunkle Fläche vor Augen und tastet sich vorsichtig mit den Füßen voran, um den Treppenabsatz zu suchen.
Werner Auth von der Interessengemeinschaft barrierefreies Fulda hat drei Gruppen durch die Innenstadt geführt und dabei auch den Sinn und Zweck von Leitsystemen erläutert. Die weißen Platten mit den runden Noppen machen auf Kreuzungen aufmerksam, die gerillten sind Orientierungshilfe auf dem Weg. Leider sind sie oft nicht in der Mitte des Weges sondern auf der Seite verlegt worden, so dass häufig Fahrzeuge darauf parken. Super lustig für Nicht-Betroffene ist sicherlich auch, dass am Borgiasplatz Platten mit Rillen als Wasserrinne verlegt sind. Wenn Nicht-Ortskundige diese als Orientierung nehmen, laufen sie direkt gegen eine Absperrung.
Größte Herausforderung bei meinem Selbstversuch war, dass ich mich mit komplett abgedeckten Augen und Blindenstock an der Häuserfront entlang Richtung Schloss tasten musste. Ein Geschäft hat Treppen am Eingang, die nächste Tür liegt weiter innen, dazwischen bleibt man an Dachrinnen und Straßenschildern hängen. Die Hinweistafeln für Mittagsmenüs und Blumenkübel sowie Warenständer (Handtaschen, Bücher) sind weitere Hindernisse. Da ist es gut, wenn man sich auf die sehende Begleitperson verlassen kann, die dann oft gerade noch rechtzeitig “Achtung” gerufen hat.
Sehr unangenehm empfand ich, dass unsere Gruppe mit den Worten “Ihr seid doch nur auf Spenden aus!” angepöbelt wurde. Am liebsten hätte ich dem Herrn mal die Augen verbunden, damit ihm die Augen aufgehen!
Am Dienstag gab es einen Workshop für unsere Mitarbeiter:innen in den Begegnungszentren und Fachpersonal von Kitas, Jugendclubs usw., der sich damit befasst hat, wie man den Zugang zu Bildungs- und Freitzeitangeboten für Sehbehinderte erleichtern kann. Er wurde von Frau Weß und Frau Treffler vom Beratungs- und Förderzentrum (BFZ) des Schulamtes sehr abwechslungsreich gestaltet.
In den verschiedenen Stadtteilzentren hatten sich im Lauf der Woche weitere Gruppen auf den Weg gemacht, mit einer von der Aktion Mensch zur Verfügung gestellten „Barrierechecker“-Tasche ihre Umgebung zu erkunden und Hindernisse zu dokumentieren. Hier finden Sie zum Beispiel den Bericht vom Mehrgenerationenhaus am Aschenberg.
Mit Sichtbrille und Blindenstock unterwegs: „Blind im Quartier“